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Empathie (Teil 3)

"Empathie bedeutet

  • mit den Augen des Anderen zu sehen.
  • mit den Ohren des Anderen zu hören.
  • mit dem Herzen des Anderen zu fühlen."

 

Auf diese wunderbare Zusammenfassung des Begriffs "Empathie" bin ich durch meine Google-Suche gestossen. Es gibt unzählige wunderschöne Bilder, die "Empathie" versinnbildlichen. Suche mal und lass dich inspirieren. 

Empathie bedeutet für mich, mein Gegenüber zu werden. Im Augenblick unserer Zusammenkunft, wenn mein Gegenüber spricht, mir seine Sicht auf die Dinge, seine Wirklichkeit erklärt, versuche ich, wie mein Gegenüber zu denken, zu fühlen, zu atmen, zu sein. Du kannst dir denken, dass das wahnsinnig anstrengend ist und es ist mir noch nie gelungen. Aber ich trainiere es. Ein erster Schritt dahin ist, besser zuzuhören. Ich frage viel nach: "Wie meinst du das? Verstehe ich das richtig?" Immer wieder stelle ich fest, dass Worte uns so sehr eingrenzen. Wie viel einfacher müsste es sein empathisch zu kommunizieren, wenn wir andere Wege finden würden uns zu unterhalten als nur über Worte. Wenn du mir deine Wirklichkeit zeigen könntest. Wenn du deine Gedanken in Bilder projizieren könntest, wenn ich deine Gefühle wirklich fühlen könnte... leider ist das Science Fiction (ich liebe Science Fiction!). 

Aber gut, im Moment müssen wir hauptsächlich mit Worten kommunizieren. Wir können uns helfen, in dem wir immer wieder versuchen, eine gemeinsame Sprache zu finden. Ja, "zu finden". Klar, wir sprechen Deutsch. Trotzdem verstehen wir uns nicht. Wir sprechen die gleiche Sprache, aber jeder von uns definiert Begriffe unterschiedlich, nutzt sie in anderen Kontexten. Es ist kompliziert. Wir müssen eine gemeinsame Sprache finden, um empathisch zu sein. Das mache ich in meinem Lernraum, in welchem ich meine Lernenden als Lernprozessbegleiterin begleiten darf. Wir suchen und finden eine gemeinsame Sprache, um Phänomene der Zeitgeschichte zu analysieren und einzuordnen. Dafür müssen wir sehr viele Begriffe klären. Manchmal kommt mir mein Lernraum wie ein Sprachlabor vor. 
Unter Familie und Freunden haben wir bereits eine gemeinsame Sprache gefunden. Wir können uns dadurch besser wahrnehmen. Hier kann ich Empathie richtig trainieren. Uns wieder vermehrt auf unsere Intuition, unser Bauchgefühl, zu verlassen, fällt schwer. Der analytische Verstand hat meistens die Oberhand. Meine Kinder sind verantwortlich dafür, dass ich meine Intuition wieder entdeckt habe. Mein analytischer Verstand hat mich bei ihrer Erziehung bisher immer im Stich gelassen. Bauchentscheidungen und Vertrauen waren immer zielführender. Wir leben und wir lieben. 

 

Der Begriff "Empathie" bezeichnet "die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden." (Quelle; die etymologische Herkunft des Begriffs wird in der Quelle näher beschrieben.) Interessant ist, dass Selbstwahrnehmung der Schlüssel zu Empathie, zu Einfühlungsvermögen, darstellt. Wir müssen uns also erst selbst richtig wahrnehmen können, bevor wir uns in andere hineinversetzen. Da sind wir beim Achtsamkeits-Trend. Achtsam zu sein heisst, sich selbst zu beobachten und dabei nicht zu werten. Es geht nur um Wahrnehmung. Das gleiche gilt für mich für Empathie: Ich nehme dich, mein Gegenüber, wahr. So wie du bist, beobachte ich dich. Das geschieht absolut wertfrei. 

Erinnerst du dich an die Überwindung der Dualität durch Integration? Durch Empathie geschieht Integration. Du wirst ein Teil von mir. Ich bin du. Es ist die höchste Form des Verstehens. Wir sind dann eine Einheit. 

 

Bitte denke nicht, dass ich das alles schon kann. Oh je, bei Weitem nicht. Aber ich habe eine Vorstellung davon, wie ein Leben nach diesem Verständnis aussehen kann, nein, besser, wie es sich anfühlen kann. Jeden Tag stelle ich fest, wie Ich-bezogen ich bin und versuche es weniger zu sein. Es geht um mein abgegrenztes Ich, die Trennung und das Denken in Kategorien. Ich teile ein, ich urteile. Aber jeden Tag trainiere ich, das nicht mehr zu tun. Anders zu denken, nur zu beobachten ohne zu urteilen. Es fühlt sich so gut an. Es ist so viel mehr Freude in meinem Leben. Ich ärgere mich viel weniger. Wie häufig ärgerst du dich jeden Tag? Jedes Mal, wenn ich mich in einen Politiker oder eine Journalistin hineinversetze, ärgere ich mich nicht. Ich nehme wahr, wie es ihm oder ihr jetzt gehen muss. Ich stelle mir vor, wie es wäre, ihn oder sie zu sein. Wie würde ich mich jetzt gerade verhalten? Wie fühlt sich das an? Es ist ein Spiel, das zufrieden macht. Es gibt mir die Zuversicht, dass jeder von uns sein Bestes gibt. Jeder und jede steht jeden Tag auf und gibt sein Bestes. Das ist meine Erkenntnis durch Empathie. Und das fühlt sich gut an. Es fühlt sich an nach... Frieden. 

 

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