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#11 Wir müssen über Inhalte reden!

In Blog #10 habe ich meine digitalen Problemlöser und mein Credo zum Nutzen digitaler Lösungen vorgestellt. Ich benutze gerne den Begriff «Digitale Tools» und nicht den Begriff «Digitale Methoden». Warum?

 

Lehrpersonen kennen die vielfältigen (analogen) Methodensammlungen. Unterrichtsmethoden müssen meiner Meinung nach nicht zwingend digitalisiert werden. Klar, ein Quiz oder ein Fachbegriffs-Puzzle digital zu lösen macht der jungen Generation vielleicht mehr Spass, als das gleiche analog, also mit Papier, an der Tafel oder mit Kärtchen zu tun. Methodisch aber gibt es doch keinen Unterschied. Auch ein Kahoot ist nur ein Quiz und bleibt ein Quiz. Nur weil ich es digital durchführe, ist es nicht besser oder schlechter als die analoge Variante.

Das Problem von solchen E-Learning-Methoden ist, dass deren Designs niemals mit wirklich sagenhaften Games (wie z.B. Minecraft) mithalten können. Die Methoden begeistern deshalb nur kurzzeitig, sind aber – zumindest für mich – in der Gestaltung trotzdem aufwändig und der Aufwand lohnt sich für mein Fach nur bedingt.

Für mich sind E-Learning-Methoden (wie selbst kreierte Lernapps) deswegen – Entschuldigung! – häufig ein lächerlicher Versuch von Lehrpersonen langweilige oder überflüssige Fachinhalte attraktiv zu verkaufen.

Aber die Lernenden sind nicht dumm. Am Ende entscheidet der Inhalt – und eher nicht die Methode! – über die Motivation der Lernenden.

Interessante und nachhaltig wirkende Inhalte sind der Schlüssel zu erfolgreichem Lernen. Aus diesem Grund sind wir Lernprozessbegleitenden gefordert uns über Inhalte zu unterhalten.

 

Auch heute gebe ich dir gerne ein Beispiel aus meinen Lernraum für Wirtschaft und Recht:

In der Volkswirtschaftslehre unterrichte ich seit Jahren das Magische Sechseck der Wirtschaftspolitik. Das Magische Sechseck stellt dabei ein Modell dar, um aufzuzeigen, dass verschiedene Ziele nicht gleichzeitig erfüllt werden können. Vor einigen Jahren haben die Lernenden das einfach geglaubt. Dieses Jahr geschah es für mich zum ersten Mal: Meine Lernenden googleten «Wirtschaftspolitische Ziele Schweiz» und siehe da: Plötzlich tauchten teilweise andere Ziele auf als die Sechs des Magischen Sechsecks. So schrieben einige Ziele wie «Digitalisierung», «Nachhaltige Entwicklung» oder «Wettbewerb ermöglichen» an der schriftlichen Prüfung auf. Was mache ich jetzt? Im Sechseck kommen diese Begriffe nicht vor, aber sie sind auf der Webseite des Seco beschrieben.

Ist die Frage klar gestellt, ist auch die Antwort eindeutig bewertbar. Ich wollte die Ziele des Magischen Sechseck wissen, also keine Diskussion bitte.

Aber es blieb bei mir ein negativer Nachgeschmack hängen und ich habe in der Folge eine Entscheidung getroffen: Ich werde das Magische Sechseck der Wirtschaftspolitik nur noch am Rande (eben als ein mögliches Modell, um Zielkonflikte aufzudecken) erwähnen und zeige den Lernenden die konkreten und aktuellen wirtschaftspolitischen Ziele des Bundes. Diese interessieren die Lernenden. Es geht um ihre Zukunft und die Weichen, die jetzt dafür gestellt werden. Ob die Ziele nun in magischen Beziehungen zueinander stehen, ist für die Lernenden eine Nebensache, die kurz erwähnt werden kann. Spannender ist es die einzelnen, realen Ziele genauer anzuschauen. Da kommen dann wieder die digitalen Tools zum Zug: Recherche, Online-Fachvokabular, Zusammenarbeit im digitalen Lernraum. Vielleicht lasse ich sie dann selbst ein Quiz als Lernzielkontrolle zum Thema kreieren und sie wählen selbst, ob sie das digital oder analog gestalten. (Gestalten Lernende selbst eine Lernapp, macht das ja dann wieder Sinn. Zum Beispiel über learningapps.org.)

 

Wie machst du das? Arbeitest du mit einem Lehrmittel, das Inhalte didaktisch aufbereitet und reduziert hat oder arbeitest du – ich sage mal – mit der Realität?

Nimmt mich wirklich wunder! Ich freue mich auf deinen Kommentar.

Heb dier Sorg, Miriam

 

Weiterlesen zum Thema „Digitale Bildung“ und E-Learning-Methoden:

https://www.fnm-austria.at/fileadmin/user_upload/documents/Magazin/2017-02.pdf 

https://www.netzwerk-digitale-bildung.de/information/wegweiser-digitale-bildung-2-0/kapitel-1-lehren-und-lernen-mit-und-ueber-digitale-medien-aus-paedagogischer-perspektive/ 

https://zukunftbildung.ch/innovation/ 

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